Yuri Pellegrini: „Das ist mein China“

Einige sagen, im Leben brauche es Glück, Mut und die Lust, sich und sein Handeln ständig in Diskussion zu setzen. Einer, der wohl nach diesem Prinzip lebt, ist Yuri Pellegrini. Der ehemalige Fußballprofi aus Laag hat im Dezember die Gelegenheit am Schopf gepackt, um als Co-Trainer des Tianjing Songjiang Football Club in der zweiten chinesischen Liga zu arbeiten.

SportNews: Herr Pellegrini, Ihre Meisterschaft geht in Kürze los. Wie vertreiben Sie sich die Zeit, bis sie endlich in die Saison starten können? Derzeit schließen wir eine lange Vorbereitungszeit ab, die nur von den chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten unterbrochen wurde. Es ist noch zu früh, um irgendwelche Prognosen abzugeben, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir gut starten werden.

China und der Fußball: Wie sind Ihre Eindrücke?

In gewissem Sinne überraschen die Chinesen andauernd. Sie haben sehr viel Potenzial, vor allem was die Infrastrukturen wie Stadien und Trainingsplätze angeht. Das technische Niveau des chinesischen Fußballs kann jedoch nicht mit dem europäischen verglichen werden. Das hat historische, aber auch soziale Gründe. Der Fußball hat sich erst in den vergangenen Jahren verbreitet. Es gibt keine Fußballschulen wie bei uns und deshalb ist es schwierig, gut ausgebildete junge Talente wie in unseren europäischen Jugendabteilungen zu finden. Allerdings haben die Chinesen sehr viel Willen von Europa zu lernen –manchmal übertreiben sie es aber ehrlich gesagt auch.

Wie groß sind die Unterschiede zwischen Europa und China generell?

Sehr groß, unendlich groß. Die erste Hürde ist schon die Sprache. Allerdings hätte ich mir nie gedacht, dass China so gut entwickelt ist, mit sehr effizienten Dienstleistungen, sehr großen Städten und dem Wunsch, Reichtum und Wohlstand zu zeigen. Die Chinesen leben ihren Alltag mit einer unvergleichlichen Routine, die manchmal auch ein wenig verwirrend ist. Aber sie sind immer freundlich und würdevoll.

Ist der &bdquo;chinesische Traum“ eine soziale Phantasie, ein Irrglaube, oder ändert sich im Reich der Mitte wirklich irgendetwas? Das Potenzial ist zweifelsohne vorhanden, aber wie so oft ist das Meiste für einige wenige und das Wenige für viele da. Aber China ist hier keine Ausnahme zu anderen Ländern.

Wie schaut ein typischer Tag bei Ihnen aus? Normalerweise beginnt mein Tag um 8.30 Uhr. Dann werde ich zu Hause abgeholt und es geht zum Trainingsplatz. Nach dem Training essen wir mit der Mannschaft zu Mittag, ehe nach einer Pause die Nachmittagseinheit auf dem Programm steht. Nach dem Duschen werde ich wieder nach Hause gebracht, von wo ich über den PC Kontakt halte mit meiner Familie und den Freunden zu Hause.

Der Fußball ist immer mit Ergebnissen verbunden. Verspüren Sie schon ein wenig Druck? Den Druck kann man innerhalb des Klubs schon ein wenig fühlen, vor allem weil man sich von uns Italienern sehr viel erwartet. Aber mehr als Druck würde ich es als Ansporn es gut zu machen beschreiben. In der Stadt ist man natürlich neugierig auf die Früchte unserer Arbeit und wie der Klub im Laufe der Saison abschneiden wird. Aber es sind alle Voraussetzungen da, um es gut zu machen.

Wie kommen Sie mit der chinesischen Küche zurecht? Die chinesische Küche ist sehr vielfältig und für jeden Geschmack ist etwas dabei. Deshalb gibt es für mich da keine Probleme. Ansonsten versuche ich mich in Form zu halten und ich kann es auch kaum erwarten, bei uns wieder mit meinen Freunden in die Berge zu gehen.

Alfredo Sebastiani hat es ebenfalls ins Ausland gezogen, nämlich nach England wo er bei Watford angeheuert hat. Hören Sie ihn noch oft? Wir haben uns in den vergangenen Monaten einige Male gehört, aber auch nicht mehr. Ich denke, dass unsere beiden Erfahrungen sehr unterschiedlich sind. Ich hoffe jedenfalls für ihn, dass er einen guten Job machen kann und dass er sein Können als Trainer, aber auch seine menschlichen Qualitäten zeigen kann.

Den italienischen Fußball verfolgen Sie aber schon noch… Ja natürlich, ich verfolge alles, die Serie A, den FC Südtirol, die Oberliga. Ich höre auch noch meine Nachwuchsspieler, die ich betreut habe und die Trainer, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Ich halte zu sehr vielen Leuten Kontakt, die im Fußball aktiv sind.

Gibt es irgendetwas, das Sie besonders beeindruckt hat? Ja, das Klima der Spiele. Das ist ähnlich wie in Italien. Dort konzentriert sich die ganze Arbeit, die man im Training geleistet hat. Und natürlich wird auch die Anspannung vor dem Spiel immer größer. Alles, was man im Training gemacht hat, tut man letzten Endes für die 90 Minuten des Matches. Als Tourist hat mich ein Ausflug zur Chinesischen Mauer am meisten beeindruckt.

Was wünschen Sie sich selbst?

Das ich das Vertrauen, das in mich gesteckt wurde, zurückzahlen kann. Und natürlich, dass ich etwas gewinnen kann.

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