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Mark Barberio ist die neue Lichtgestalt in der Bozner Sparkasse Arena. © fop

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Mark Barberio ist die neue Lichtgestalt in der Bozner Sparkasse Arena. © fop

Mit Andreas Seppis Empfehlung: Dieser Mann erobert Bozen

„So einen Typen habe ich noch nie gesehen“, sagt HCB-Kapitän Daniel Frank. Mit diesem Eindruck steht er nicht alleine da. Wenn man sich in Bozen umhört, wird schnell klar: Mark Barberio imponiert und fasziniert. Doch wer ist dieser Mann, dem die Herzen nur so zufliegen, der zugleich mit Eishockeysport aber auch schon Millionen Euro verdient hat? Er selbst gibt darauf die Antwort und lässt unsere Leser ganz tief eintauchen in seine persönliche Welt.

Alexander Foppa

Von:
Alexander Foppa

Den Interviewtermin mit Mark Barberio hatten wir bereits am Vortag abgesprochen, dennoch lässt er SportNews länger warten als geplant. Barberio ist zur vereinbarten Uhrzeit noch auf dem Eis. Alleine. Er hämmert den Puck ins leere Tor, immer wieder. Irgendwann beendet auch er seine Trainingseinheit, kratzt mit dem Schläger die Scheiben zusammen, räumt die Spielfläche leer – ein Job, den sonst die Jüngsten im Team erledigen. Mit Schweißperlen auf der Stirn schreitet er zum Interview. „Sorry guys“, sagt der Kanadier und nimmt sich den Helm vom Kopf.


Es sind Szenen, die so sinnbildlich für Mark Barberio sind. Er, der in seinen ersten Wochen in Bozen alle mit seiner Arbeitseinstellung begeistert. „Ein Vollprofi, absolut“, schwärmt Frank. „Man merkt, dass er schon lange im Geschäft ist, mit den Besten der Welt gespielt hat. Der Mann hat Charisma und Leadership.“ Ihm pflichtet Bozens Media-Manager Luca Tommasini bei: „Als er zum Trainingsstart erschienen ist, war seine erste Frage: 'Wo kann ich mein ganzes Material lagern?'. Sein Auto war vollbeladen mit Schlägern und Schlittschuhen. Er sagte, vom Klub brauche er nichts, nur ein Trikot. So etwas haben wir hier in Bozen selten gesehen.“


Die „schwierige Zeit“ in der Schweiz

Im Interview darauf angesprochen, meint der Neuzugang augenzwinkernd: „Keine Sorge, ich bin nicht mit dem Auto aus Nordamerika angereist. Ich hatte das ganze Zeug bei meiner Frau in der Schweiz zwischengelagert.“ Seine Frau war auch mit ein Grund, weshalb der 281-fache NHL-Spieler und kanadische Olympia-Teilnehmer in Südtirol gelandet ist. „Sie hatte mich zuletzt drei Jahre lang auf meinen Stationen quer durch Russland begleitet. Es war uns ein Anliegen, wieder näher an ihre Heimat zu rücken“, verrät er. Seine Frau könne nun vermehrt für Kurzbesuche zu ihren Eltern nach Lausanne fahren.

Mark Barberio mit seiner Ehefrau Charlotte. Sie stammt aus der Schweiz. © Instagram

Mark Barberio mit seiner Ehefrau Charlotte. Sie stammt aus der Schweiz. © Instagram


Apropos Lausanne: Es war Barberios letzte Station, bevor es in die russische KHL ging. Und zugleich sein erstes Europa-Abenteuer. Es ist eine Zeit, die bei ihm Spuren hinterlassen hat. Er leistete sich damals einige üble Fouls. Die Folgen? Verletzte Gegenspieler, lange Sperren und eine Boulevardpresse, die sich auf ihn einschoss. Der Blick betitelte ihn gar als „Lausannes Amok-Captain“. „Ich hasse es zu verlieren, ja das stimmt, aber ich bin kein Bad Boy“, beteuert der Verteidiger.
„Ich habe Fehler gemacht. Aber ich wollte nie jemanden absichtlich verletzen“ Mark Barberio

Barberio fühlt sich falsch verstanden, wenn er sich an seine Zeit in der Schweiz erinnert . „Es ist unglaublich viel auf mich eingeprasselt, ich hatte plötzlich dieses üble Image.“ Er hätte damals eine schwierige Phase gehabt, sei im Kopf nicht frei gewesen, dazu außer Form und wiederholt verletzt. „Ich habe Fehler gemacht, ganz klar. Aber ich wollte nie jemanden absichtlich verletzen – und ich habe aus diesen Momenten gelernt. Ich weiß nun, gewisse Situationen besser zu handeln.“

Er vermietet Chalets in Kanadas Wildnis

Heute wolle Barberio in erster Linie Eishockey spielen, um Spaß zu haben. „Und um Titel zu gewinnen! Ich wünsche mir aktuell nichts sehnlicher“, sagt er mit entschlossenem Ton. Deshalb habe er den HCB gewählt. „Ich bin 35 Jahre alt, wer weiß, wie oft ich noch die Chance dazu habe.“ Wann für ihn Schluss ist, wisse er noch nicht, sagt Barberio. Allerdings hat er für seine Zeit nach der Karriere schon vorgesorgt: Gemeinsam mit früheren Mitspielern hat er in Kanada ein Wildlife-Resort aufgebaut. „Es liegt in den Wäldern nördlich von Quebec. Dort können Gäste die kanadische Natur erleben, eine Auszeit genießen. Die Gegend unterscheidet sich nicht einmal so sehr von dem, was ich bislang hier in meiner neuen Heimat gesehen habe.“
„Andreas Seppi hat mich in seiner Heimat willkommen geheißen“ Mark Barberio

Barberio hatte diesen Sommer schon eine Vorahnung, was ihn in Südtirol erwarten würde. Und das hat er dem früheren Tennis-Star Andreas Seppi zu verdanken. Die beiden hatten sich vor Jahren in Colorado kennengelernt. Dorthin zog der Kalterer nach seinem Karriereende, Barberio spielte gleichzeitig für die Colorado Avalanche in der NHL. „Er hat mir im Juli via Instagram zu meinem Wechsel gratuliert und mich in seiner Heimat willkommen geheißen. Er hat mir ein bisschen was von Südtirol und Bozen erzählt. Ich würde mich freuen, wenn wir uns hier mal wiedersehen könnten.“


Mark Barberios Karriere in Bildern:


In Colorado, Seppis Wahlheimat, war Barberio am Zenit seiner Karriere. Dort unterschrieb er 2018 einen Zwei-Jahres-Vertrag über rund drei Millionen US-Dollar, spielte an der Seite von Superstars wie Nathan McKinnon, Cale Makar oder Mikko Rantanen. Heute wird Barberio in Bozen selbst als Superstar gehandelt, auch wenn er sagt: „Ich habe vielleicht mal in der NHL oder im Nationalteam gespielt, doch deshalb stehe ich doch nicht über meinen Mitspielern. Ich habe mich nie als Star gesehen. Ich habe den Vorteil, dass ich mir von den Großen des Sports das ein oder andere abschauen konnte, doch das macht mich noch nicht zu einem besseren Spieler. Es hilft mir höchstens, in gewissen Situationen voranzugehen, meine Erfahrung auszuspielen. Vielleicht sehen deshalb einige einen Leader in mir.“

Wiedersehen mit Pustertal-Goalie

Barberios Leader-Fähigkeiten werden besonders im Derby gegen Pustertal gefragt sein. „Mir wurde schon viel über dieses Duell erzählt. Aber hey, ich komme aus Montreal, dort weiß jedes Kind, was es heißt, Eishockey-Rivalitäten auszutragen. Es sind genau diese Spiele, die ich liebe, die jeder Eishockeyspieler liebt.“ Für ihn hält das Südtiroler Derby noch eine Besonderheit parat, mit HCP-Goalie Eddie Pasquale trifft er nämlich auf einen alten Bekannten. Beide standen gemeinsam für Kanada bei Olympia 2022 in Peking auf dem Eis. „Wir hatten zuletzt keinen Kontakt. Aber ich habe schon häufig gegen ihn gespielt, egal ob in Nordamerika oder Europa. Er ist ein exzellenter Goalie.“

Mark Barberio (l.) ist bei den Foxes prompt zum Führungsspieler aufgestiegen. © HCB

Mark Barberio (l.) ist bei den Foxes prompt zum Führungsspieler aufgestiegen. © HCB


Bis zum ersten Derby am 10. Oktober hat Barberio noch Zeit, sich beim HC Bozen und in Bozen einzuleben. „Bislang kenne ich eigentlich nur meinen Arbeitsweg von meinem zuhause in Girlan runter ins Stadion“, lacht er verschmitzt, „doch schon der lässt mich jedes Mal staunen. Die vielen Weinberge, der Blick auf den Schlern – das hat schon was.“ Barberio und seine Ehefrau haben beide süditalienische Wurzeln, sie waren schon mehrfach im Stiefelstaat auf Spurensuche ihrer Vorfahren.

In Bozen haben sie die vergangenen Wochen den Waltherplatz und die umliegenden Gassen erkundet – und dabei einige leckere Restaurants entdeckt. „Ich liebe die Südtiroler Küche, egal ob Pizza, Pasta oder Knodel“, sagt er am Ende des Interviews und hakt verlegen nach: „Knodel oder Knödel? Kannst du das rausstreichen?“ Barberio muss selbst lachen – auch weil einige seiner Mitspieler im selben Moment frischgeduscht aus der Umkleidekabine kommen. Er, der Star des Teams, der selbst gar kein Star sein will, steht da noch in Schlittschuhen und klatschnasser Trainingsmontur am Ausgang der Eisfläche.

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