
Ausnahmespieler des HC Pustertal: Cole Bardreau. © Thomas Debelyak
Pustertals Star: Der Mann, der mit gebrochenem Genick spielte
Der HC Pustertal verzaubert die ICE Hockey League – und ein Spieler ragt dabei besonders heraus. Cole Bardreau ist die Entdeckung der Saison. Und ein Crack, der eine Story mit nach Bruneck bringt, die unter die Haut geht.
03. Dezember 2025

Von:
Thomas Debelyak
An der Nase eine Schramme, unterhalb der Lippe ein kleiner Cut, aus dessen geflickter Wunde ein Stück Faden baumelt: Noch bevor wir in der Intercable Arena mit unserem Gesprächspartner die ersten Worte wechseln, bestätigt sich im Grunde das, wovon sich jeder Pustertal-Fan in den vergangenen Wochen im Stadion bereits überzeugt hat. Vor uns steht ein Spieler, der auf dem Eis vor nichts und niemandem zurückschreckt. Ein Spieler, der für seine Kameraden durchs Feuer geht. Ein Spieler, durch dessen Venen pures Leaderblut fließt. Ja, vor uns steht Cole Bardreau, der vielleicht prägendste Crack der bisher schlicht überragenden Saison des HC Pustertal.
Im Sommer wagte der 32-Jährige aus dem Bundesstaat New York erstmals den Sprung über den großen Teich und landete – direkt von der American Hockey League kommend – im Pusterer Wolfsbau. Und von dort ging es schon bald in die Herzen der Pusterer Fans. Mit seinem leidenschaftlichen Spielstil einerseits, mit seinem ausgeprägten Scorer-Instinkt andererseits (27 Punkte aus 23 Partien) hat sich Bardreau als wahrer Glücksgriff entpuppt. Umgekehrt ist es übrigens genauso. „Hier ist es noch schöner, als mir das mein bester Kumpel Reece Willcox angekündigt hatte.“ Willcox spielte von 2021 bis 2023 für die Wölfe, hat aber auch viele Jahre seines Lebens im Team mit Bardreau verbracht. Die beiden sind nicht nur beste Freunde, sondern auch Geschäftspartner und vermieten in Nordamerika Wohnungen.
Ein Bild mit Symbolcharakter: Bardreau als Anführer der jubelnden Pusterer Truppe. © HCP / Iwan Foppa
Willcox ist mittlerweile im wohlverdienten Eishockeyruhestand, Bardreau dagegen noch weit davon entfernt. Trotzdem kann er schon jetzt auf eine bewegende Karriere zurückblicken. Eine Karriere, die den Pusterer Stürmer mit fast 600 Partien zu einem Dauerbrenner der American Hockey League, der zweithöchsten Liga Nordamerikas, werden ließ. Eine Karriere, die den 32-Jährigen bis in den Eishockey-Olymp namens NHL befördert hat. Eine Karriere, die Bardreau aber auch immer wieder große Steine vor die Füße warf, die der Steh-Auf-Mann mit all seinem Kämpferherz aus dem Weg räumen musste.
Das Unglück, das sein Leben auf den Kopf stellte
Und so haben sich bei Bardreau vor allem die Geschehnisse vom Jänner 2013 tief ins Gedächtnis eingebrannt. In jener Zeit war nämlich nicht nur seine Karriere, sondern auch seine Gesundheit in akuter Gefahr. „Ich habe mir während eines Matches das Genick gebrochen“, sagt Bardreau in erstaunlich nüchternem Ton. Nur durch Glück entging der Pusterer Stürmer damals einer Querschnittlähmung.Bardreau (links) war immer schon ein furchtloser Crack. © GETTY IMAGES NORTH AMERICA / TIM NWACHUKWU
„Ich kann mich noch erinnern, was das für eine heftige Achterbahnfahrt der Gefühle war. Damals war ich 20 Jahre alt und hatte so viel Selbstvertrauen wie nie zuvor. Bei der U20-Weltmeisterschaft holte ich mit den USA die Goldmedaille, war dabei einer der Assistenzkapitäne, habe gut gespielt, Tore geschossen. Ich dachte: Jetzt werde ich gedraftet“, so Bardreau. Doch dann kam es zur verhängnisvollen Szene.
„Als Eishockeyspieler beißt du halt auf die Zähne.“ Cole Bardreau
Bardreau kehrte nach diesem riesigen WM-Erfolg zu seinem College-Team, der Cornell University, zurück. Doch im ersten Match nach seiner Heimkehr wurde der Pusterer Star nach nur wenigen Minuten von hinten und mit dem Kopf voraus gegen die Bande gecheckt. „Ich habe sofort gespürt, dass meine Finger etwas taub sind, dachte aber, dass das nichts Weiteres ist. Als Eishockeyspieler beißt du halt auf die Zähne“, so Bardreau, der das Match trotz dieses Zwischenfalls zu Ende spielte. Erst am nächsten Tag wurde bei einer Untersuchung im Krankenhaus das schlimme Ausmaß der Verletzung bekannt. „Ich habe mir zwei Halswirbel gebrochen“, so Bardreau. Weil in dieser Körperregion Rückenmark und Nerven verlaufen, ist das eine sehr ernste Verletzung, bei der jede falsche Bewegung fatale Folgen haben kann.
Vom Fast-Karriereende in die NHL
„Es war eine erschütternde Diagnose. Ich war am Boden zerstört, auch, weil mir der Arzt sagte, ich könne wohl nie wieder Eishockey spielen“, erinnert sich Bardreau, der nun vier Monate lang – Tag und Nacht – eine steife Halskrause tragen musste. „Es war eine sehr harte Zeit, da ich von Natur aus sportlich bin, immer etwas unternehmen möchte, und nun plötzlich ganz viel Zeit nur zu Hause verbringen musste. Doch mit jedem Tag wuchs die Zuversicht, dass ich es trotz allem wieder aufs Eis schaffen könnte“, so Bardreau. Und schließlich, nach neun Monaten der Pause, des Bangens und der Reha, bekam der Stürmer von den Ärzten tatsächlich wieder grünes Licht. „Als ich mein Comeback gab, war das das schönste Gefühl überhaupt. Ich war einfach nur dankbar.“So wurde Bardreau nach seinem ersten Tor in der NHL gefeiert. © GETTY IMAGES NORTH AMERICA / AL BELLO
Der furchtlose Bardreau war also zurück im Game. Allerdings verpasste er aufgrund dieser Verletzung die letzte Möglichkeit, im berühmten Draft von einem NHL-Team ausgewählt zu werden. Es passt aber zur Karriere und zum Naturell des US-Boys, dass er sich trotzdem in die beste Liga der Welt gekämpft hat und dort 2019 und 2022 mit den New York Islanders insgesamt elf Partien absolvierte.
„Die NHL war ein Traum, der in Erfüllung ging.“ Cole Bardreau
Dass es Bardreau in die beste Liga der Welt schaffte, macht ihn besonders stolz. „Nach dieser Achterbahnfahrt, nach diesen mentalen und physischen Schmerzen, war es für mich die Belohnung, ein Traum, der in Erfüllung ging. Genauso wie mein erstes Tor in der NHL, das ich mit einem schlecht geschossenen Penalty erzielte“, lacht Bardreau.
Titeltraum im Pustertal
Nach diesen abenteuerlichen Karrierestationen landete der Amerikaner, der vor Kurzem sein Studium in Sportpsychologie abgeschlossen hat, im Sommer schließlich beim HC Pustertal. Dort ist er nicht nur der große Star, sondern lässt ein ganzes Tal träumen. „Der Meistertitel? Warum nicht! Ich denke, wir haben das Team und die Chance, das zu erreichen.“ Wenn jemand weiß, dass alles möglich ist, dann er: Cole Bardreau.ICE Hockey League, die Spiele vom Mittwoch
Graz99ers – Vienna Capitals (18.30 Uhr)FTC-Telekom – Red Bull Salzburg
Villacher SV – HC Bozen (19.15 Uhr)
Fehervar AV – Olimpija Ljubljana
Black Wings Linz – HC Innsbruck
HC Pustertal – Klagenfurter AC (19.45 Uhr)
| SP | G | U | V | TV | P | |
|---|---|---|---|---|---|---|
| 1. HC Pustertal | 23 | 16 | 0 | 7 | 82:57 | 47 |
| 2. Graz99ers | 23 | 15 | 0 | 8 | 78:53 | 47 |
| 3. EC Klagenfurt | 23 | 15 | 0 | 8 | 81:63 | 45 |
| 4. Olimpija Ljubljana | 24 | 16 | 0 | 8 | 102:70 | 45 |
| 5. HCB Südtirol | 22 | 14 | 0 | 8 | 84:54 | 43 |
| 6. EC Salzburg | 22 | 12 | 0 | 10 | 66:53 | 36 |
| 7. EC Villach | 22 | 11 | 0 | 11 | 73:69 | 35 |
| 8. Ferencvárosi | 23 | 9 | 0 | 14 | 61:75 | 31 |
| 9. Fehérvár | 23 | 10 | 0 | 13 | 50:70 | 30 |
| 10. Linz | 23 | 11 | 0 | 12 | 73:77 | 29 |
| 11. Vienna Capitals | 22 | 8 | 0 | 14 | 54:69 | 25 |
| 12. HC Innsbruck | 24 | 7 | 0 | 17 | 61:103 | 18 |
| 13. Vorarlberg | 24 | 5 | 0 | 19 | 47:99 | 16 |
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