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So kennt man Hannes Kiem: Als ständigen Antreiber in der Defensive. © David Laner

„Riesenmomente, aber auch harte Zeiten“: Hannes Kiem hört auf

Wenn Naturns am Sonntag gegen Benacense um das letzte verbleibende Oberliga-Ticket kämpft, wird ein Spieler zum letzten Mal auf dem Feld stehen. Hannes Kiem, eine wahre Größe des Südtiroler Fußballs, beendet danach seine Laufbahn. Eine Karriere, die es so schnell wohl nicht mehr geben wird.

Von:
Thomas Debelyak

Hannes Kiem sagt über sich selbst: „Von der Qualität und von der Physis her war ich nie der Beste. Aber ich habe stets alles dafür getan, top fit zu sein, immer Vollgas zu geben, mich bei jedem Training und jedem Spiel zu beweisen. Ich glaube, mit meiner Mentalität habe ich es weit geschafft.“


Mit diesen Worten trifft der 38-Jährige den Nagel auf den Kopf. Das Kämpferherz, der absolute Wille, der Einsatz bis zur allerletzten Sekunde waren die typischen Merkmale von Kiem. Und jene Charakteristiken, die einen jungen Burschen aus Kastelbell in den Profifußball geführt haben. Der Innenverteidiger bestritt 250 Spiele für den FC Südtirol, war jahrelang Kapitän der Weißroten, später nahm er bei Virtus Bozen in der Oberliga bzw. Serie D eine tragende Rolle ein, ehe er seit zwei Jahren bei Naturns in der Landesliga Beton anrührt.

Nun ist aber Schluss. Am Sonntag wird Kiem mit Naturns ab 17 Uhr in Rovereto auf Benacense treffen und ein letztes Mal ein Fußballspiel bestreiten. Zuvor gab er SportNews ein ausführliches Interview.



Hannes Kiem, der letzte Tanz steht an. Und zeitgleich auch eine allerletzte Mission, oder?

„Unsere Mission ist es, Naturns in die Oberliga zu führen. Es wäre natürlich schön, mit so einem Sieg aufzuhören, weil es sich die Mannschaft, das Trainerteam, der Verein verdient haben. Nach der Hinrunde haben uns alle abgeschrieben, jeder hat gesagt: 'Naturns wird mit ganz vorne nichts mehr zu tun haben.' Jetzt stehen wir im Entscheidungsspiel. Natürlich, allein mit dem kann man sich nichts kaufen. Deshalb wollen wir unsere Saison mit einem Sieg krönen.“

„Ich habe meinen Traum gelebt.“ Hannes Kiem


Wenn Sie jetzt, so kurz vor dem Ende, auf Ihre Karriere zurückblicken. Was kommt Ihnen in den Sinn?

„Ich habe sicherlich meinen Traum gelebt. In Südtirol Profifußballer zu werden, ist nicht einfach. Es braucht viel Glück. Ich hatte in den richtigen Momenten den richtigen Trainer, vor allem Alfredo Sebastiani, zuerst in der Jugend, dann beim FC Südtirol und schließlich bei Virtus Bozen. In meiner Karriere gab es Riesenmomente, aber auch harte Zeiten.“

Langjähriger Kapitän des FC Südtirol: Hannes Kiem.


Bleiben wir zunächst bei den Riesenmomenten. Sie sind beim FC Südtirol großgeworden, haben als Teenager ihr Profidebüt gegeben und 13 Jahre beim FCS verbracht, darunter vier Saisonen als Kapitän. Was bleibt aus dieser Zeit hängen?

„Sehr viel. Ich kann mich noch erinnern, wie ich in der Serie C2 mein Debüt im Drususstadion gegeben habe. Trainer war damals Attilio Tesser. Die Klassenerhalte in den Playouts waren ebenfalls denkwürdig, genauso wie der Meistertitel in der Serie C2 in der Saison 2009/10. Das war ein sportliches Wunder, wird sind nämlich mit dem Ziel gestartet, nicht abzusteigen und waren am Ende Meister. Persönlich ist mir aus diesem Jahr ein Doppelpack in Erinnerung geblieben, das ist für einen Verteidiger ungewöhnlich. Manchmal waren es aber auch sehr nervenaufreibende Zeiten.“


Inwiefern?

„Einerseits wegen der Verletzungen. Mit 21 Jahren zog ich mir einen Kreuzbandriss zu, danach bereiteten mir meine Knie immer wieder Mal Probleme. Andererseits war es so, dass es ganz selten Jahre gab, in denen ich mit einem Stammplatz gestartet bin. Wir haben meist mit zwei Innenverteidigern agiert, zu Saisonbeginn war ich da der vierte, mitunter auch fünfte Verteidiger. Das war oft schon hart, doch ich habe immer versucht, mich reinzukämpfen. Und am Ende der Saison war es dann nicht selten so, dass ich der Verteidiger mit den meisten Präsenzen war. Das war sicherlich eine Genugtuung und hat mich stolz gemacht.“


Im Sommer 2011 übernahmen Sie die Kapitänsbinde beim FC Südtirol, vier Saisonen lang standen sie der Mannschaft als Käptn vor. Dann wurde Ihr Vertrag nicht verlängert, was zu jener Zeit hohe Wellen geschlagen hat. Wie denken Sie heute darüber?

„Mittlerweile ist Gras über die Sache gewachsen. Im ersten Moment hat es schon weh getan, denn 13 Jahre einfach so wegstecken, das geht nicht. Ich war zu jener Zeit 30 Jahre alt, also noch relativ gut im Saft, zwei, drei Saisonen hätte ich sicher noch spielen können. Aber so ist der Profisport und ich habe es akzeptiert. Einzig von der sportlichen Leitung, also von Luca Piazzi, hätte ich mir mehr erwartet. Ich habe nie das Wieso oder Warum gehört, mir wurde das Aus damals lediglich vom Verein mitgeteilt. Aber die Sache ist jetzt gegessen.“

Bei Virtus Bozen zählte Kiem zu den absoluten Leistungsträgern.


Wie war es für Sie, nach der Zeit als Profifußballer ein „normales“ Leben anzufangen?

„Die ersten vier, fünf Monaten waren richtig mühsam. Mein Ziel war es, als Profi weiterzumachen und ich habe auf Angebote gewartet. Die sind dann auch gekommen. Allerdings war meine Tochter zu jener Zeit ein Jahr alt, und die Vereine waren entweder zu weit weg oder es ist sich finanziell nicht ausgegangen. Im Oktober habe ich dann entschieden, mir hier eine Arbeit und einen Verein zu suchen. Mit Virtus Bozen habe ich schließlich einen Top-Klub gefunden, mit dem ich viele denkwürdige Momente erlebt habe. Wir sind zwei Mal Oberliga-Meister geworden und haben auch in der Serie D teilweise eine richtig gute Figur abgegeben. Zudem arbeite ich jetzt als Kaffee-Vertreter.“


Sechs Jahre verbrachten sie bei Virtus Bozen, ehe im Sommer 2021 der Wechsel zu Naturns folgte. Nun geht ihre Karriere dort zu Ende. Wird Hannes Kiem dem Fußball trotzdem treu bleiben?

„Ja, aber in einer anderen Funktion. Ich werde in der kommenden Saison als Jugendtrainer arbeiten.“

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